Zuerst muß ich sagen, daß ich mit Leib und Seele Balkongärtnerin bin. Ich liebe das Leben in meinen Balkonkästen.
Das Leben ??? Im Balkonkasten???
Wer also diesen Satz nicht versteht, hat noch nicht in meine – oder vielleicht seine eigenen Balkonkästen oder Fensterkästen hineingeschaut. Dort herrscht nämlich bereits auf dem Boden ein Gewusel, ein Gekrabbel und ein Wirrwarr von allen möglichen Tieren. Dieses Leben habe ich mir vor Jahren durch Düngung mit abgelagertem Kuhmist hereingeholt und durch Mulchschichten und kleinere Bioabfälle aufrecht erhalten. Natürlich muß man sich ein bisschen Zeit nehmen, um die Bewegungen zu sehen und dann die Wesen, die die Bewegungen machen. Man muß sich selbst erst ein bisschen nach unten in Richtung „Ruhe“ fahren.
Aber es gab und gibt auch Dinge, die mir nicht so gefielen. Z.B. dass ich meine Balkonabfälle nicht verwerten konnte. Zwar hatte ich einen kleinen Tontopf, der mit Grünschnitt, Blütenblättern, Erde, Wurzelmasse usw. gefüllt und gut feucht gehalten wurde, außerdem mit 1-2 Regenwürmern besetzt war. Dieser Inhalt war dann im Frühjahr erdähnlich und diente als neue Mulchschicht. Aber nur ein Teil meiner Abfälle konnte verwertet werden, der Rest ging in die Tonne.
So kam ich auf die Idee, mir Würmer aus dem Komposthaufen zu holen und das ganze in einem großen Pflanzenkübel zu probieren. Nur, trotz hoher Vermehrungsrate kommt man mit 20 Regenwürmern nicht weit, wenigstens nicht sofort … Entsprechend frustrierend war dann für mich die Abbauarbeit.
Schließlich stieß ich im Internet auf Wurmzüchter. Ich fand heraus, dass es verschiedene Arten von Regenwürmern mit komplett unterschiedlichen Lebensbereichen und Aufgaben gibt und nicht alle für die Kompostierung geeignet sind. Hm, hatte ich überhaupt Kompostwürmer, die sich in der obersten Bodenschicht bzw. der Mulchschicht wohlfühlten oder hatte ich etwa den tiefgrabenden Regenwurm, der sich bis zu 3 m tief hinabbohren kann, seine Gänge mit Wurmhumus verkleidet, damit sie stabil bleiben und außerdem den Boden durchlüften?
Apropos – nicht nur Regenwürmer graben Gänge die dem Boden zur Be- und Durchlüftung dienen, sondern auch Maulwürfe, Mäuse … Iiiiih …

Aber gell, ich habe gut reden, denn die Mäuse tauchen höchst selten auf meinem Balkon auf. Vielleicht sind sie im Garten ja wirklich ein Ärgernis … oder herrscht schon so viel Monokultur in unseren Gärten, dass wir keine Ablenkerpflanzen mehr für die kleinen grabenden Nager pflanzen können?
Ach so, Stichwort Nager … Regenwürmer haben keine Zähne und können Ihre Nahrung nur einsaugen. Sie können sich also nur von Pilzen, Bakterien (Matsch, Schlamm, Brei) ernähren. Alles was halt schleimig ist. Auch der tiefgrabende Regenwurm zieht die Blätter nur in den Boden, damit dort die Pilze und Bakterien besser zuschlagen können und dann erst kommt sein erstes Mahl.
Apropos Mahl, Pflanzen sind ganz erstaunliche Wesen. Und noch erstaunlicher ist, dass sich Pflanzen (auch) von Mikroorganismen ernähren. Ja, genau, Pflanzen sind gar nicht die „Vegetarier“ oder was auch immer, für das ich sie gehalten habe.
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Der eine Wurmzüchter behauptet, Wurmhumus sei ein Dünger, der nächste meint, es sei nur ein Bodenhilfsstoff. Ja, was den nun? Alle sind sich aber einig, dass der Wh schwächelnde Pflanzen stärkt und als Wurmtee auch als Blattdüngung und Stärkung genutzt werden kann. ???
Aber Achtung, wenn sich Pflanzen auch von Mikroorganismen ernähren, müsste dann der Wurmhumus und Wurmtee nicht eigentlich der Dünger überhaupt sein? Oder kann er es gar nicht sein, weil ohne Mulchschicht kein Nachschub mehr für die Kleinst- und Kleinlebewesen im Boden erfolgt?
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Ich habe im späten Spätsommer letzten Jahres mit großem Blumentopf, Wurmkiste und Wurmeimer mit meinen Versuchen angefangen. Innerhalb der Wohnung kam der Wurmhumus ab November zur Anwendung (Orchis ausgenommen). Die Pflanzen sind für meine Begriffe ganz normal weitergewachsen. Allerdings gibt es Gäste, die behaupten, die Pflanzen würden extrem gut und grün aussehen. (Okay, zumindest die Efeutute neigt zu Riesenwuchs).

Die Stauden auf meinem Balkon (seit diesem Jahr mit Wurmhumus gedüngt) kommem mir niedriger vor als in den Vorjahren, allerdings dicker und kräftiger. Meine Clematis hat mehr Blüten als jemals zuvor … aber der erste Blütenflor hat gerade mal drei Wochen gehalten (oder war das schon immer so?)! Die Zuckererbsen neigen zu riesenhaftem Wachstum und stehen in voller Blüte (WO SIND DIE SCHMETTERLINGE???). Der Salat allerdings schmeckt wirklich hervorragend … mild, knackig, saftig, mmmmmh. Was sich definitiv wesentlich verbessert hat, ist das Wasserhaltevermögen in meinen Balkonkästen … dies hätte man jedoch auch mit Ton erreichen können.
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Ich liebe Farbe, Geruch und Aussehen von Wurmhumus. Es ist für mich auch äußerst interessant, Zersetzungsprozesse in der Wurmkiste zu beobachten. Auf dieses Zeugs lasse ich nichts kommen – aber – von wirklichen Wundern kann ich nicht berichten.

Das mag vielleicht auch daran liegen, dass meine Pflanzenerde stets und immer belebt war, genau wie mein Balkon, der voll von Hummeln und ab Juni auch von Bienen ist (von den vielen Spinnen ganz zu schweigen). Auf diesem Balkon fühlen sich scheinbar auch die Nützlinge so wohl, dass sie mittlerweile schon da sind, bevor ich den großen Läusebefall sehen kann. Naja, vielleicht haben die Vorgängergenerationen schon immer gewusst, dass es auf diesem Balkon stets etwas fressbares gibt… Selbst die kleinen Ameisenvölker, es gab derer drei … aber diesen Winter haben sie wohl nicht überstanden, kommen mit je einem einzigen Balkonkasten zurecht, während bei anderen Personen der ganze Balkon nicht ausreichend ist.
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In den vergangenen Jahren war für mich von Interesse, was auf und über dem Boden so vor sich geht. Jetzt kam das „unter dem Boden“ noch dazu.
Ohne all diese kleinen und großen Krabbler im Boden, wäre ein Leben über dem Boden schwer bis gar nicht möglich. … Jedoch … der letzte Satz war vollkommen überflüssig, denn das haben wir eigentlich schon immer gewusst.
Dies war eine klitzekleine Vorabeinführung in das was Euch erwarten könnte, wenn ich anfangen würde über Würmer und Co. zu berichten. O-o ...Es sind ja nicht nur die Würmer, die den (Wurm)humus machen. Es ist ein Team, das zusammenarbeitet.
Die meisten haben doch einen Komposthaufen. Was fleucht und kreucht denn da so? Wer oder was beteiligt sich dort an den Ab- und Aufbauarbeiten? Wer hat denn da schon mal seine Nase hineingesteckt und sich damit wirklich beschäftigt?
Okay, ganz so viel Leben herrscht in meiner Wurmkiste nicht. Das muß ich ehrlich zugeben.
Viele Grüße
Humusgärtner
