Fallobst hat geschrieben:Was passiert eigentlich wenn man Knoblauch und Kartoffeln bei Erntereife einfach im Boden lässt.
Lustige Frage!
Fallobst hat geschrieben:Wachsen dann für immer auf dem Acker Kartoffeln und Knobi?
Im Prinzip ja! Wobei der Knoblauch noch überlebt ohne menschliche Hilfe, die Kartoffel auf Dauer nicht.
Ich beschreibe was passiert:
Die eine Knofizehe, die Du reingesteckt hast, entwickelt sich innerhalb eines Jahres zu einer dicken Knolle, mit - sagen wir mal - 9 Zehen. Nimmst Du die Knolle nicht raus, haben die 9 neuen kleinen Zehen-Pflänzchen erneut das Bestreben, sich je zu einer dicken Knolle zu entwickeln. Im ersten Folgejahr geht das noch ganz gut, denn sie haben ja noch Platz zu den Seiten. Allerdings bleiben die 9 Knollen schon etwas kleiner, weil sie ja nicht ganz freistehen. Auch die jeweiligen 9 Zehen (an den 9 Knollen) sind jetzt etwas kleiner. Das macht aber zunächst nichts.
Aus nunmehr 81 Zehen wollen sich jetzt 81 dicke Knollen am selben Platz entwickeln, und das wird eng. Die armen Dinger können ja nicht auseinander wandern! Also müssen sie nun in die Tiefe und in die Höhe gehen. Die Obersten wachsen nun aus dem schützenden Erdboden raus, kriegen Regen und Schnee ab, und die Obersten beginnen zu vergammeln und abzusterben. Die neuen Zehen im Boden bleiben nun sehr viel kleiner als die Ursprungszehe, weil sie ja nicht viel Platz haben. Nur die Stärksten können nun überleben, und neue Knollen bilden!
Also, es sind dann nicht 81x 9 Zehen, die dann zu Knollen heranwachsen, sondern vielleicht nur 100. Die Pflanzen bleiben aber alle insgesamt recht klein. Und wenn Du dann noch einen Knofi hast, der oben Brutzwiebeln bildet, die im Herbst mit dem langen, trocken werdenden Stängel umkippen, und somit 50 Zentimeter entfernt einen neuen Platz für sich erschließen können, hast Du im Nu einen Acker voller Winzknofipflanzen.

ABER: Sie überleben!
Anders mit den Kartoffeln. Hier kommen Probleme hinzu; zum einen das Problem des zu dichten Krautes. Das zieht irgendwann Krankheiten an. Zum anderen werden Schnecken und Schädlinge angezogen.
Fangen wir mal an mit EINER Kartoffel. Die liegt gut und richtig, bekommt im ersten Jahr neun Kartoffelkinder. Während über den Winter die alte Kartoffelknolle matschig wegfault, erfreuen sich die Kleinen daneben und darunter munter ihres Lebens. Die wegfaulende Knolle zieht schonmal Schnecken und andere hungrige Bodenviecher an... aber den munteren Kleinen können sie noch nichts machen. Da wachsen dann auch im nächsten Jahr mindestens 9 muntere Kartoffelpflänzchen, in der Regel aber mehr, weil selbst winzigkleine Wurzelknöllchen, die wir noch gar nicht mitgezählt haben, das Bestreben haben, sich zu einer eigenen Pflanze zu entwickeln, und zudem eine Kartoffel auch mehr als ein Auge hat, aus dem sie austreibt.
Sagen wir mal, es sind 15. Jede bekommt wieder 15 Nachkommen, nun wird der Platz eng. Sie müssen nun über und untereinander wachsen ( sie können ja nicht weg) , die ganz oben sterben ab oder werden eine leichte Beute der Schnecken. Die Nacktschnecken haben inzwischen ein großes Camp aufgeschlagen und sich gut vermehrt. Angezogen fühlen sich auch die Schnellkäfer, deren dicke Larven, die sog. Drahtwürmer, unterirdisch liebend gern Kartoffeln futtern. Diese Tiere können zu einer absoluten Plage werden, und einen Kartoffelacker für den menschlichen Gebrauch komplett ruinieren. Deshalb ist es auch so wichtig, den Boden gut zu bearbeiten...
Zudem ist das ganze Kartoffellaub jetzt so dicht geworden ( zu viele Pflanzen auf einem Platz), dass der Regen nicht gut abtrocknen kann. Das zieht Fäulnis und Kartoffelkrankheiten nach sich.
Also, unsere inzwischen +/- 150 Kartoffeln haben Probleme. Das heißt aber nichts. Es gibt immer noch welche, die überleben und sich fortpflanzen können. Die Wurzeln treiben weit, sie erobern neue Flächen. Während die Kartoffeln, die auf einem Haufen standen, nun langsam absterben, haben die Kleinen an der weiteren Peripherie zunächst das große Los gezogen.

Bis sie dann, wegen erneuter Enge und Krankheiten, ein ähnliches Schicksal ereilt.
Das kann über Jahre gehen, dass Kartoffeln selbst einen ganzen Acker besiedeln, ein gewisses Ende kann aber auch sehr schnell kommen: Der Virus einer Kartoffelkrankheit muss nur stark genug sein, dann sterben vielleicht 90 %. Aber auch das heißt nichts. 10 % überleben auch dann. Die versuchen es dann wieder, und wieder... und irgendwann - und sei es nach Jahren - ist es dann zu Ende.
Alle zur Verfügung stehende Erde ist nun ausgelaugt, denn anders als ein Laubbaum, düngt das Gemüse seinen Boden nicht selbst. Die Kleinen finden keine Nahrung mehr, ihre Widerstandkraft erlischt.
Es ist eindeutig so, dass die Kartoffel ein von Menschen weitergezüchtetes Nahrungsmittel ist, was in der freien Natur nicht mehr selber auf Dauer überleben kann.
Lieben Gruß,
Mia