Wie schmecken Euch Wildkräuter?
Verfasst: Mi Mai 15, 2019 23:26
Hallo in die Runde.
Ich gehe jetzt mal ehrlich damit um. Und von Euch erbitte ich eine ehrliche Antwort.
Vor einigen Jahren, als Wildkräutergenuss gesellschaftlich in Deutschland noch relativ neu war, habe ich begonnen, mich 'durchzuprobieren'. Gleichzeitig - und etwas später im Jahr - habe ich essbare Blüten probiert.
Mein Ziel war, diese wunderbaren Wildkräuter mal zusammenzuschreiben, und etwas über sie auszusagen. Wie sehen sie aus, ( wie erkennt man sie) ,wo ist ihr Standort, wann blühen sie, was ist bis wann gut genießbar - und was ist tatsächlich lecker?
Ich muss sagen, ich war damals und auch heute noch, vielfach enttäuscht.
Die vielbeachtete Knoblauchrauke - sie haut mich nicht um. Die Blätter fühlen sich im Mund weich und etwas haarig an, und der Geschmack, ja, er erinnert an Knoblauch. Aber muss ich deshalb meiner Zunge dieses unerwünschte Tasterlebnis antun?
Brennnesseln? Ich kann sie im Salat entbehren. Auch als 'Spinat' finde ich keinen rechten Reiz daran, da ist mir Neuseeländer Spinat oder der Baumspinat 'Magenta spreen' hundertmal lieber. Schmeckt besser.
Giersch? Man kann ihn essen, aber Petersilie mundet besser!
Bärlauch ist ein feines Kraut, frisch genossen, einige Blätter auf dem Salat, können schon prima sein. Wenn sie auch auf dem Salat labberig werden, und es keine rechte Freude ist, sie im Mund zu haben, es sei denn, man schneidet sie recht klein. Seinen besten Geschmack entfaltet Bärlauch aber als Pesto, mit Pinienkernen oder Walnüssen, und vor allem mit ordentlich Parmesan.
Löwenzahn? Die gebleichten, oder auch die frischen, bitteren Blätter, können eine anständige Endivie geschmacklich nicht ausstechen. Was allerdings sehr gut schmeckt, ist der sogenannte 'Löwenzahnhonig' den man aus den Blüten gewinnen kann.
Scharbockskraut, vor der Blüte als Salat genossen, finde ich wirklich schmackhaft. Frisch und knackig kommt es daher, ähnlich wie der wilde Sauerampfer von der feuchten Wiese. Nur: die Blätter sind so klein, man muss richtig sammeln! Was auf eine Weise ja auch schön ist. Aber fünf Leute möchte ich damit nicht verköstigen.
Gundermann? Ein Zeug, was ich roh nicht essen mag. Die Blätter sind fein, aber im Mund etwas hart und nahezu geschmacklos.
Kocht man es, mit Brennnesseln, zum Beispiel, schmeckt man es später nicht mehr heraus. Roh hat es ein Aroma, aber mich überzeugt es nicht.
Wiesenlabkraut ist zum Verspeisen auch nicht das Erlebnis meiner Wahl. Es schmeckt mild und grün, irgendwie unbestimmt, ähnlich wie Vogelmiere. Wenn ich Wiesenlabkraut und Vogelmiere esse, denke ich immer: so müssen sich Kühe oder Schafe fühlen.
Die Blüten schmecken allerdings süßlicher, aber auch nur frisch von der Wiese. In einem Salat vergehen sie rasch. Man kann sie nur drüberstreuen, in einer wie auch immer gearteten Tunke sind sie alsbald hinüber. Gut, andere Blüten kann man auch nur drüberstreuen, aber es gibt schmackhaftere als sie.
Wiesenschaumkraut kommt geschmacklich durchaus heftiger daher. Wenn man reinbeisst, spürt man seine Verwandtschaft zu Kohlgewächsen und entfernt zu Senf.
Auch Cardamine hirsuta (Gartenschaumkraut) kann mich überzeugen. Es wächst viel verbreitet als Unkraut im Garten, schmeckt frisch gut knackig und geringfügig scharf.
Bei beiden Kräutern kommt wieder das Problem mit der der Menge. Für einen Einzelnen mag die Menge der zarten Kräuter ja reichen...
Spitzwegerich und Breitwegerich mag ich nicht essen. Das sind Kräuter für eine Hustenmedizin. ( Achtung! In Überdosierung können sie leicht giftig sein.) Im Salat halten sie sich tapfer, schmecken aber nicht besonders.
Auch Franzosenkraut mag ich nicht essen, dabei mag es so gesund sein wie es will. Das Tasterlebnis mit der Zunge auf diesen leicht behaarten, recht weichen Blättchen, reicht mir, um es abzulehnen. Hätte mich Gott als Schaf geschaffen, würde ich es vermutlich köstlich finden. Aber ich bin eben kein Schaf.
Gänseblümchenblätter sind ganz wohlschmeckend. Viel Aroma haben sie nicht, die Blüten sind nicht unschmackhaft, hauen mich aber auch nicht um. Als Schaf, ja, bestimmt!
Ich denke, mit den grünen, wilden Kräutern bin ich jetzt ungefähr durch.
********
Nun zu den Blüten:
Klar, man kann Gänseblümchenblüten essen, wenn man es liebt, einen kleinen Blütenpuschel im Mund zu haben. Allein das Draufbeissen bereitet eine gewisse Schwierigkeit. Man will diese Blüte eigentlich gar nicht zerbeissen. Ich zumindest nicht. Und sie schmeckt auch nicht so, dass es einen umwerfen würde.
Was für mich gut geht, sind die Blüten der Kapuzinerkresse auf dem Salat und die blauen Blüten des Borretsch. Sie haben beide ein eigenes Aroma, und zunächst, einfach drübergestreut, zerfallen sie auch nicht. Der europäische Mund hat nicht so viele Probleme sie anzunehmen, wie bei einem Gänseblümchen oder gar Tausendschönchen. Letzteres zu kauen ist schon fast eine Mutprobe.
Und erst recht will der europäische Mund keine dicken Dahlienblüten verspeisen. Ja, natürlich kann man die essen! Meinetwegen auch mit Sojasauce. Uns Mitteleuropäern ist das aber fremd. Wir würden auch keine Rosenbüte mit Messer und Gabel auf dem Teller zerschneiden. Rosenblüten und Veilchenblüten gelten uns als Aromatisierungen, unsere Vorfahren machten Parfüm oder auch Konfekt daraus. Zum Aromatisieren kamen sie in die Bowle, getrocknet in Duftkissen, aber nie ist einer auf die Idee gekommen, sie anstelle eines Steaks mit heißer Sauce zu servieren.
Warum? Weil sie zerfallen. Weil sie vergehen. Sie eigenen sich nicht zur gekochten Zubereitung. Blüten sind keine Speise wie ein Steak. Es sind ganz sanfte Lebewesen - und sie sollten auch so gewürdigt werden.
Deshalb lehne ich es ab, mit Blüten zu kochen. Selbst diese gefüllten Zucchiniblüten, die es seit einigen Jahre auf Kochseiten gibt, lehne ich ab. Das ist für mich einfach nur albern! Diese Blüte wollte ursprünglich nur leben und Nachkommen in die Welt bringen.
Nichts, aber auch gar nichts, berechtigt uns, sie zu frittieren oder mit Hackfleisch zu füllen. Es ist ihr so absolut entgegen gesetzt! Diese Zubereitung achtet die Blüte nicht.
Und die Zubereitung könnte genauso gut gelingen, wenn man statt der Blüte Spinatblätter nähme. Oder meinetwegen Breitwegerich. Oder eine Hülle aus Teig.
So. Das war es, was ich zu sagen hatte.
Obwohl ich eine absolut engagierte Gärtnerin und Pflanzenfreundin bin, eine Frau, die quasi hinter jedem Bahndamm lauert, um zu schauen, wie viele Pflanzenarten in diesem Jahr wieder von ländlicher Chemie zum Tode verurteilt wurden, so dass von ihnen nichts mehr kommt---- halte ich doch diesen Kult des Wildpflanzenessens für nicht ganz in Ordnung.
Einerseits bin ich sehr, sehr froh darüber, weil er vielen Menschen einen Zugang zu der Welt der Wildpflanzen schafft, die sie dann auch als erhaltenswert empfinden. Gerade auch, was unsere Insekten betrifft.
Aber irgendwo steckt da ein Kreuz drin!
Das Zeug schmeckt zum Teil einfach nicht!
Ich meine, wenn Spitzwegerich oder Franzosenkraut oder Brennnesseln wirklich lecker wären, die Leute würden sich die Beine danach ausreissen! Es ist aber nicht wirklich lecker. Dieses Wildpflanzenessen hat was mit Kopfgeburten zu tun. Man tut es, weil es als gesund beschrieben wird. Man kann auch Smoothies daraus machen, mit Honig, weil es sonst nicht mundet. Und das eigene Herz ist dabei irgendwo anders.
Was sagt Ihr dazu?
Wie schätzt Ihr das ein?
Ich erwarte Eure Antwort.
Lieben Gruß
Mia
Ich gehe jetzt mal ehrlich damit um. Und von Euch erbitte ich eine ehrliche Antwort.
Vor einigen Jahren, als Wildkräutergenuss gesellschaftlich in Deutschland noch relativ neu war, habe ich begonnen, mich 'durchzuprobieren'. Gleichzeitig - und etwas später im Jahr - habe ich essbare Blüten probiert.
Mein Ziel war, diese wunderbaren Wildkräuter mal zusammenzuschreiben, und etwas über sie auszusagen. Wie sehen sie aus, ( wie erkennt man sie) ,wo ist ihr Standort, wann blühen sie, was ist bis wann gut genießbar - und was ist tatsächlich lecker?
Ich muss sagen, ich war damals und auch heute noch, vielfach enttäuscht.
Die vielbeachtete Knoblauchrauke - sie haut mich nicht um. Die Blätter fühlen sich im Mund weich und etwas haarig an, und der Geschmack, ja, er erinnert an Knoblauch. Aber muss ich deshalb meiner Zunge dieses unerwünschte Tasterlebnis antun?
Brennnesseln? Ich kann sie im Salat entbehren. Auch als 'Spinat' finde ich keinen rechten Reiz daran, da ist mir Neuseeländer Spinat oder der Baumspinat 'Magenta spreen' hundertmal lieber. Schmeckt besser.
Giersch? Man kann ihn essen, aber Petersilie mundet besser!
Bärlauch ist ein feines Kraut, frisch genossen, einige Blätter auf dem Salat, können schon prima sein. Wenn sie auch auf dem Salat labberig werden, und es keine rechte Freude ist, sie im Mund zu haben, es sei denn, man schneidet sie recht klein. Seinen besten Geschmack entfaltet Bärlauch aber als Pesto, mit Pinienkernen oder Walnüssen, und vor allem mit ordentlich Parmesan.
Löwenzahn? Die gebleichten, oder auch die frischen, bitteren Blätter, können eine anständige Endivie geschmacklich nicht ausstechen. Was allerdings sehr gut schmeckt, ist der sogenannte 'Löwenzahnhonig' den man aus den Blüten gewinnen kann.
Scharbockskraut, vor der Blüte als Salat genossen, finde ich wirklich schmackhaft. Frisch und knackig kommt es daher, ähnlich wie der wilde Sauerampfer von der feuchten Wiese. Nur: die Blätter sind so klein, man muss richtig sammeln! Was auf eine Weise ja auch schön ist. Aber fünf Leute möchte ich damit nicht verköstigen.
Gundermann? Ein Zeug, was ich roh nicht essen mag. Die Blätter sind fein, aber im Mund etwas hart und nahezu geschmacklos.
Kocht man es, mit Brennnesseln, zum Beispiel, schmeckt man es später nicht mehr heraus. Roh hat es ein Aroma, aber mich überzeugt es nicht.
Wiesenlabkraut ist zum Verspeisen auch nicht das Erlebnis meiner Wahl. Es schmeckt mild und grün, irgendwie unbestimmt, ähnlich wie Vogelmiere. Wenn ich Wiesenlabkraut und Vogelmiere esse, denke ich immer: so müssen sich Kühe oder Schafe fühlen.
Die Blüten schmecken allerdings süßlicher, aber auch nur frisch von der Wiese. In einem Salat vergehen sie rasch. Man kann sie nur drüberstreuen, in einer wie auch immer gearteten Tunke sind sie alsbald hinüber. Gut, andere Blüten kann man auch nur drüberstreuen, aber es gibt schmackhaftere als sie.
Wiesenschaumkraut kommt geschmacklich durchaus heftiger daher. Wenn man reinbeisst, spürt man seine Verwandtschaft zu Kohlgewächsen und entfernt zu Senf.
Auch Cardamine hirsuta (Gartenschaumkraut) kann mich überzeugen. Es wächst viel verbreitet als Unkraut im Garten, schmeckt frisch gut knackig und geringfügig scharf.
Bei beiden Kräutern kommt wieder das Problem mit der der Menge. Für einen Einzelnen mag die Menge der zarten Kräuter ja reichen...
Spitzwegerich und Breitwegerich mag ich nicht essen. Das sind Kräuter für eine Hustenmedizin. ( Achtung! In Überdosierung können sie leicht giftig sein.) Im Salat halten sie sich tapfer, schmecken aber nicht besonders.
Auch Franzosenkraut mag ich nicht essen, dabei mag es so gesund sein wie es will. Das Tasterlebnis mit der Zunge auf diesen leicht behaarten, recht weichen Blättchen, reicht mir, um es abzulehnen. Hätte mich Gott als Schaf geschaffen, würde ich es vermutlich köstlich finden. Aber ich bin eben kein Schaf.
Gänseblümchenblätter sind ganz wohlschmeckend. Viel Aroma haben sie nicht, die Blüten sind nicht unschmackhaft, hauen mich aber auch nicht um. Als Schaf, ja, bestimmt!
Ich denke, mit den grünen, wilden Kräutern bin ich jetzt ungefähr durch.
********
Nun zu den Blüten:
Klar, man kann Gänseblümchenblüten essen, wenn man es liebt, einen kleinen Blütenpuschel im Mund zu haben. Allein das Draufbeissen bereitet eine gewisse Schwierigkeit. Man will diese Blüte eigentlich gar nicht zerbeissen. Ich zumindest nicht. Und sie schmeckt auch nicht so, dass es einen umwerfen würde.
Was für mich gut geht, sind die Blüten der Kapuzinerkresse auf dem Salat und die blauen Blüten des Borretsch. Sie haben beide ein eigenes Aroma, und zunächst, einfach drübergestreut, zerfallen sie auch nicht. Der europäische Mund hat nicht so viele Probleme sie anzunehmen, wie bei einem Gänseblümchen oder gar Tausendschönchen. Letzteres zu kauen ist schon fast eine Mutprobe.
Und erst recht will der europäische Mund keine dicken Dahlienblüten verspeisen. Ja, natürlich kann man die essen! Meinetwegen auch mit Sojasauce. Uns Mitteleuropäern ist das aber fremd. Wir würden auch keine Rosenbüte mit Messer und Gabel auf dem Teller zerschneiden. Rosenblüten und Veilchenblüten gelten uns als Aromatisierungen, unsere Vorfahren machten Parfüm oder auch Konfekt daraus. Zum Aromatisieren kamen sie in die Bowle, getrocknet in Duftkissen, aber nie ist einer auf die Idee gekommen, sie anstelle eines Steaks mit heißer Sauce zu servieren.
Warum? Weil sie zerfallen. Weil sie vergehen. Sie eigenen sich nicht zur gekochten Zubereitung. Blüten sind keine Speise wie ein Steak. Es sind ganz sanfte Lebewesen - und sie sollten auch so gewürdigt werden.
Deshalb lehne ich es ab, mit Blüten zu kochen. Selbst diese gefüllten Zucchiniblüten, die es seit einigen Jahre auf Kochseiten gibt, lehne ich ab. Das ist für mich einfach nur albern! Diese Blüte wollte ursprünglich nur leben und Nachkommen in die Welt bringen.
Nichts, aber auch gar nichts, berechtigt uns, sie zu frittieren oder mit Hackfleisch zu füllen. Es ist ihr so absolut entgegen gesetzt! Diese Zubereitung achtet die Blüte nicht.
Und die Zubereitung könnte genauso gut gelingen, wenn man statt der Blüte Spinatblätter nähme. Oder meinetwegen Breitwegerich. Oder eine Hülle aus Teig.
So. Das war es, was ich zu sagen hatte.
Obwohl ich eine absolut engagierte Gärtnerin und Pflanzenfreundin bin, eine Frau, die quasi hinter jedem Bahndamm lauert, um zu schauen, wie viele Pflanzenarten in diesem Jahr wieder von ländlicher Chemie zum Tode verurteilt wurden, so dass von ihnen nichts mehr kommt---- halte ich doch diesen Kult des Wildpflanzenessens für nicht ganz in Ordnung.
Einerseits bin ich sehr, sehr froh darüber, weil er vielen Menschen einen Zugang zu der Welt der Wildpflanzen schafft, die sie dann auch als erhaltenswert empfinden. Gerade auch, was unsere Insekten betrifft.
Aber irgendwo steckt da ein Kreuz drin!
Das Zeug schmeckt zum Teil einfach nicht!
Ich meine, wenn Spitzwegerich oder Franzosenkraut oder Brennnesseln wirklich lecker wären, die Leute würden sich die Beine danach ausreissen! Es ist aber nicht wirklich lecker. Dieses Wildpflanzenessen hat was mit Kopfgeburten zu tun. Man tut es, weil es als gesund beschrieben wird. Man kann auch Smoothies daraus machen, mit Honig, weil es sonst nicht mundet. Und das eigene Herz ist dabei irgendwo anders.
Was sagt Ihr dazu?
Wie schätzt Ihr das ein?
Ich erwarte Eure Antwort.
Lieben Gruß
Mia