Das Bio-Gärtner Forum

Hallo!
Ich möchte in unserem Garten einen Apfelbaum pflanzen. Auf dem Grundstück steht bereits ein ca. 30 bis 40 Jahre alter Apfelbaum, vermutlich ein Boskop ( kann uns leider keiner mehr so genau sagen), dieser soll auch erhalten bleiben. Seine Äpfel verwenden wir zum Mosten oder Backen, zum "so" essen sind sie uns doch zu sauer.
Nun soll eine weitere Sorte her- saftig, nicht zu sauer, nicht zu süß, zum essen direkt vom Baum, muß also nicht endlos lagerfähig sein.
Ich habe einmal gelesen, daß der Boskop nicht als Bestäuber geeignet ist- stimmt das? Im Nachbargarten stehen auch Apfelbäume unbekannter Sorten, allerdings würde der Abstand zum neuen Pflanzort gut 50m betragen- würde das zum Bestäuben ausreichen, oder gibt es empfehlenswerte und natürlich gesunde Sorten, die sich selbst befruchten?
Die Wuchshöhe spielt keine Rolle, es ist genug Platz da.
Wie alt sollte das neue Bäumchen sein, damit ich bald die Äpfel geniessen kann und was kostet so ein Baum ca.?

Viele Fragen- ich freue mich auf viele Antworten!!

Danke.

Wer was bestäuben kann siehst Du hier auf dieser Liste auf der Biogärtner-Hauptseite: http://www.bio-gaertner.de/Obstbaeume/A ... estaeubung
50 Meter Entfernung sind keine große Entfernung für Bestäuberinsekten oder auch den Wind, das reicht durchaus.
Falls Dein Apfelbaum ein Boskoop ist (es gibt Experten, die Apfelsorten anhand von drei oder vier Früchten recht eindeutig bestimmen können; sie finden sich im Herbst oft auf Apfelmärkten u.ä.) dann weißt Du hoffentlich, dass diese Äpfel frisch vom Baum nicht wirklich schmecken? Sie sind als Lagerapfel konzipiert, entwickeln also auch erst nach einiger Zeit den richtigen Geschmack (der dann ziemlich süß ist). In Fachbegriffen ist das der Unterschied zwischen erntereif und genussreif.
Wenn Du Dir eine neue Sorte suchst, dann bedenke, dass, je früher ein Apfel reift, desto weniger ist er lagerbar (Faustregel). Das geht soweit, dass der Klarapfel, einer der frühesten Äpfel überhaupt, sich nur ein bis zwei Wochen hält und am besten direkt vom Baum gegessen werden sollte.
Die Wuchshöhe spielt zum einen wegen des Schattenwurfs eine Rolle zum anderen auch wegen der Ernte. Apfelbäume gehören jetzt nicht gerade zu den Riesen unter den Obstbäumen - ich habe (sehr alte) Birn- und Kirschbäume, die höher sind als das Haus und das ist kein Bungalow! - aber bei einem normalen Hochstamm - die meist gesündeste und langlebigste Form brauchst Du für die Ernte dann jedenfalls eine Leiter und/oder Obstpflücker mit ausziehbarem Stiel (in 10 Jahren ).
Preis ist schwer zu sagen, das kommt sehr auf die Qualität und die Sorte an. Billigware gibt es auch jedes Jahr vom Discounter schon um die 10 Euro rum. Das sind dann Zwergformen. Dass ich die nicht wirklich empfehlen mag dürfte klar sein. *g* Dann gibt es schwer zu bekommende Liebhabersorten, die vermutlich auch schon mal bei 100 Euro landen können. Und dan gibt es natürlich auch hier Bioware sowie konventionell gezogene Bäume. Da ist dann oft ein Sortenunterschied, oft auch ein Unterschied in der Wuchsform - Hochstamm ist die natürlichere Form, die auch weniger empfindlich und arbeitsaufwendig ist, daher findet sich die in der Biobaumschule - und natürlich auch im Preis. Aber für um die 30 Euro rum solltest Du ein wirklich ordentliches Bäumchen finden. Die absolute Untergrenze würde ich bei 20 Euro setzen.
Die meisten modernen Sorten sind so gezogen, dass sie teils schon im ersten Jahr nach der Pflanzung blühen. War bei meiner Nektarine so, bei der Anna-Spät-Zwetschke von der Bio-Baumschule nicht. Ich vermute, dass niedrigere Formen auch eher blühen als hohe Formen. Evtl. ist auch da ein Sortenunterschied, das weiß ich nicht. Grundsätzlich würde ich einem Baum aber schon einige Jahre Zeit geben, bevor ich anfange mir Gedanken zu machen. In der Anfangszeit soll er ja auch wachsen und kräftig werden, unterstützt durch den richtigen Schnitt und sich nicht mit fruchten auspowern. Auch "erwachsene" Obstbäume haben oft nur Kraft für entweder starken Wuchs oder viele Früchte und wechseln sich dann jährlich damit ab. Gerade bei meinem Boskoop (aber nicht nur) ist das sehr deutlich zu sehen. Um das abzumildern entfernen Profis in sehr starken Fruchtjahren dann bis zur Hälfte der Fruchtansätze, denn die wollen ja einen regelmäßigen Ertrag mit schönen, großen Früchten.
Welche Sorte wie schmeckt und wann reift findest Du in entsprechenden Listen im Internet sicherlich, da gibt es recht gute Beschreibungen dazu. Such Dir aus der Bestäuberliste mal einige Sorten raus und google dann danach. Dann weißt Du auch gleich, wo Du sie ggf. herbekommst. Wobei ich persönlich in eine Baumschule fahre, weil ich den Baum vorher sehen will...
Also viel Spaß bei der weiteren Recherche und lass uns wissen, wofür Du Dich entschieden hast!

Schönen Dank nochmal Carolyn für deinen ausführlichen Beitrag. Du bist ein Profi und kennst alle Antworten auf die Fragen.

Alle? *lach* Nein, bei weitem nicht! Von einem Profi bin ich weit entfernt! Aber ich bin schon eine Zeit hier und hab daher Wissen in einigen Gebieten "gesammelt".