Ok, ich versuche es mal mit meinem Wissen über Pflanzenwuchs ganz allgemein und Logik (und ohne Vorwürfe
).
Zunächst mal nimmt es mich Wunder, dass ein Baum mit gebrochenem Stamm überhaupt noch lebt! Als ich das gelesen habe, habe ich es gleich mehrmals gelesen, weil ich es nicht glauben konnte. Das ist, als wenn ein Mensch sich den Hals bricht...
Nun ja, aber auch da gibt es Menschen, die das nicht nur überleben sondern auch ohne Lähmung davon kommen, also kommt es auf den Versuch an. Viel Chancen gebe ich dem Bäumchen aber nicht, das sage ich gleich vorab! Und es bedeutet Arbeit und Geduld.
Das mit dem Versetzen im Frühjahr ist teils falsch, teils richtig. Ein Baum, der bereits ausgetrieben hat und ohne Erde um die Wurzeln ("wurzelnackt") versetzt wird, wird in diesem Jahr kümmern, weil er die frischen Triebe nicht mehr ernähren kann. Das ist der Grund, warum Deine Bäume momentan kaum noch Blätter und schwarze Triebspitzen haben. Üblicherweise setzt man im Frühjahr die Bäume BEVOR sie austreiben oder eben mit Wurzelballen, da schieben sie dann sofort richtig an mit dem Wachstum. Diese Aktion jetzt (außer wie gesagt dem gebrochenen Stamm, dazu später) wird die Bäume nicht umbringen, auch wenn sie leiden. Das tut ein Baum, der wurzelnackt versetzt wird, sowieso immer ein wenig. Dann braucht er eben ein, zwei Jahre, bis er wieder in voller Pracht erstrahlt. Unsereiner braucht nach einer OP auch Zeit sich zu erholen.
Den gesunden Baum würde ich möglichst schnell an seinen zukünftigen Platz setzen. Dazu ein Loch ausheben, das deutlich größer ist als der Wurzelbereich des Baumes, in das Loch gekaufte, gedüngte Erde geben als "weiches Bett" (oder normale Gartenerde plus Kompost), darauf dann den Baum stellen und mit Erde auffüllen. (Etwas zusätzlicher Kompost schadet nie. Nur jetzt am Anfang noch keinen kräftigen Dünger, sonst verbrennen die feinen neuen Wurzeln! Kleinkinder bekommen auch kein Chili.
) Wenn der Wurzelballen sehr groß ist (was ich bei dieser Größe nicht annehme), dann in mehreren Schichten arbeiten und zwischendurch immer wieder gründlich wässern. Jede Schicht gut festtreten, auch abschließend nochmal gut wässern. Zur Erklärung: Es geht bei diesem Wässern nur in zweiter Linie um die Wasserversorgung des Baumes. In erster Linie müssen die Wurzeln komplett von Erde umschlossen sein, es dürfen sich keine Hohlräume im Erdreich bilden, damit der Baum auch gut anwachsen kann. Das Grobe wird durch das Festtreten erledigt, aber die feinen Spalten und kleinen Löcher werden durch das Wasser "eingeschwemmt" und aufgefüllt. Deswegen kannst Du da auch kaum zuviel gießen.
Sichere den Baum durch zwei lange Pfähle, die Du links und rechts vom Stamm mit etwas Abstand (20-30 cm) in den Boden schlägst (Vorsicht auf das Wurzelwerk!). Nimm ein Seil (nicht zu dünn, etwa fingerdick) und lege es in Achten um Pfähle und Stamm, so dass der Baum zwar gestützt, aber nicht eingeschnürt wird. Du kannst die "Brücke" auch mehrmals mit dem Seil umwickeln (wie ein Zopf, den Du dicht an dicht mit einem Schmuckband umwickelst), so dass sich ein fester Steg ergibt. In der Folgezeit, auf jeden Fall den ganzen Sommer über, mußt Du den Baum dann regelmäßig gießen, da er noch nicht genug neues Wurzelwerk gebildet hat, um sich aus dem Erdreich selbst zu versorgen. Wenn der Baum schon viele neue Austriebe gebildet hat, würde ich die abschneiden, damit er sich darauf konzentrieren kann, Wurzeln zu bilden und zu überleben. Auch alles, was schwarz ist, würde ich abschneiden. Ich hoffe nur, dass Trauerweiden nicht zu den Bäumen gehören, die dann sehr bluten. Sonst mußt Du die offenen Wunden mit einem künstlichen Harz, genannt Wundbalsam einstreichen. (Das würde wohl sowieso nicht schaden.)
Tja, und nun zu dem gebrochenen Stamm. Hier wäre ein Foto nicht schlecht und eine möglichst genaue Auskunft, wie stark der Stamm gebrochen ist. Zunächst mal das Grundsätzliche: Das Innere des Stammes ist der "Knochen" des Baumes, das Rückgrat. Im Gegensatz zum Menschen gehen da keine Nerven und kaum "Blutbahnen" durch, aber es ist die einzige Stütze, die der Baum hat, denn Muskulatur wie wir hat er nicht! Die "Blutbahnen" laufen auf diesem Kern und unter der Rinde. Die eigentliche Rinde dient dem Baum nur als Schutz (wie unsere Haut), aber in der dünnen, empfindlichen Schicht dazwischen, die bei Ästen grün ist, da läuft die ganze Versorgung des Baumes mit Wasser und Nährstoffen. Deswegen hat ein Baum, dessen Rinde rundrum abgeschält ist (wobei diese Schicht immer mit verletzt wird oder austrocknet) keine Überlebenschance.
Das bedeutet also in Deinem Fall, Dein Baum kann sich (vermutlich) noch ernähren, aber nicht mehr aufrecht halten. Diese Stelle zu schienen halte ich für eine gute Idee. Als Du die Stelle zugebunden hast, hast Du darauf geachtet, dass alles wieder da liegt, wo es sein sollte? Auch dieser Bruch muß sozusagen eingerichtet werden, wie ein Knochenbruch beim Menschen. Außerdem mußt Du darauf achten, dass die Stelle sauber bleibt, also keine Krankheitserreger in die Wunde gelangen und dass Du den Baum nicht abschnürst. Also wirst Du alle paar Monate die Stelle frisch schienen müssen, sozusagen den Verband wechseln, da der Stamm ja wächst und also dicker wird. Als Schutz gegen Infektionen ist hier auch Wundbalsam angebracht, der mit einem Pinsel dick und lückenlos aufgetragen wird. Darüber dann der eigentliche Verband (dafür kannst Du tatsächlich eine Mullbinde verwenden) und darüber dann die Schiene. Denk Dir, die Stelle wäre ein gebrochener Arm, dann kannst Du nicht sooo viel verkehrt machen.
Nun zum Thema einpflanzen. Dafür ist es entscheidend, wie weit unten der Stamm gebrochen ist. Keinesfalls darf die gebrochene Stelle mit Erde bedeckt sein! Sie sollte mindestens 15 bis 20 Zentimeter über dem Boden sein, damit auch bei Regen keine Erde hochgespritzt wird. Wenn das der Fall ist, würde ich auch diesen Baum baldmöglichst pflanzen, allerdings mußt Du diesen Baum dann besonders gründlich abstützen. Wie bei einem Menschen mit gebrochenem Bein sollte möglichst kein Gewicht auf der Bruchstelle lasten, der Bruch aber auch nicht auseinander gezogen werden. Deswegen mußt Du diesen Baum nicht nur gegen den Wind und Umfallen schützen wie den gesunden, sondern auch an den Ästen so abstützen, dass wenig Gewicht auf dem Stamm lastet. Auch hier darauf achten, dass die Stützen nicht die Rinde aufscheuern! Deswegen die Stelle, an der der Pfahl auf die Äste trifft, gut polstern. Auch hier erfüllt menschliches Verbandsmaterial (Watte und Mullbinde) seinen Zweck. (Schau mal nach, wie alt der Verbandskasten in Deinem Auto ist, ob der nicht sowieso erneuert gehört.
)
Wenn die Bruchstelle jedoch sehr tief liegt, dann wird es wirklich kompliziert und die Erfolgsaussichten sinken noch mehr, da dann kaum eine Infektion zu vermeiden ist. Ich glaube, ich würde diese Stelle möglichst wasserdicht verpacken, sprich in Plastik hüllen und mit Klebeband abdichten. Nicht zu großflächig, da der Baum ja auch durch die Rinde atmen muss. Allerdings behindert das den Baum natürlich in seinem Dickenwachstum. Hmmmm.... Trotzdem fällt mir da nichts Besseres ein. Ohne Erde bekommt Dein Baum keine Nährstoffe, im Wasser allein wird er auf Dauer verhungern.
In jedem Fall wird es viele Jahre (!) dauern, bis der Baum den Bruch verwunden hat, da im Gegensatz zum menschlichen Knochen ein Stamm nicht wieder zusammenwächst. Der Baum muss neue Jahresringe darüber legen, die stark genug sind, den Baum auch bei Wind zu halten. Empfindlicher als der gesunde Baum wird dieser aber immer bleiben, da der Bruch des Kernholzes ja bleibt..
Soweit meine Gedanken und Überlegungen. Ich bin jedoch KEIN Baumexperte! Ergänzend würde ich Dir auf jeden Fall empfehlen, in einer Baumschule um Rat zu fragen und Fotos mitzunehmen. Mach Dich jedoch darauf gefasst, dass sie Dir zunächst empfehlen werden, den Baum zu entsorgen...