Ja, in Dortmund hatte ich Glück mit den Nacktschnecken.
Einmal wegen der Kinder, die sie absammelten, aber vermutlich auch wegen der Weinbergschnecken, die eventuell doch Nacktschnecken irgendwie nicht recht hochkommen lassen. Dafür waren die 'Weinis' für mich dort eine regelrechte Plage.
Der Garten grenzte hinten an ein kleines Naturschutzgebiet, und das grenzte wiederum an weite Felder - bis hin zur Stadt Unna. Das Gelände dort war abschüssig zu unserem Haus hin.
Von dort wanderten die Weinis in unseren Garten ein, und wenn sie einmal dort waren, kamen sie nach vorne nicht mehr raus, denn vor dem Haus begann eine recht breite Straße mit extrem breiten Bürgersteigen, und dahinter lag eine Neubausiedlung mit mittleren Hochhäusern. Die Straße war zwar absolut verkehrsberuhigt, wegen der Grundschule, aber die Weinis gingen da nicht raus, sondern blieben im Garten. Dort vermehrten sie sich seeehr fröhlich!
Jetzt fressen die nicht unbedingt Salat und ganz frisches Gemüse, das ist nicht ihre Spezialität, wohl aber meine geliebten Iris und Rhabarber. Unter den Rizomen der Iris überwinterten sie auch und legten dort ihre Eier ab. So'n paar Weinis auf Rhabarber, man, Tscharlie, da haste hinterher nur noch handteller große Löcher - und abgefressene Strünke.
Ebenso bei den Irisarten. Die harten Blätter der Iris behagen ihnen. Na, etwas ältere Kohlrabi und Zucchini auch.
Anfangs habe ich über die Weinis liebevoll schmunzeln müssen, sie waren mir herzlich willkommen! Ich hatte unendlich süße Erlebnisse mit ihnen! Sie sind ja in gewisser Weise standorttreu, so dass dir nach ihrem Ausbuddeln Anfang Mai immer die gleichen Viecher begegnen, die du spätestens ab dem dritten Jahr an ihrem Äußeren wiedererkennst. Spätestens dann, beginnt man ihnen Namen zu geben.
Das alte Haus war mit einem weißen Kalkputz versehen, und Kalk brauchen sie, um ihre Gehäuse ausbilden zu können. Deshalb kletterten sie an dem Haus ein Stück weit hoch, durchaus in die Sonne, raspelten da still stundenlang Kalkputz ab, schissen einen großen schwarzen Haufen, und kletterten zum Abend wieder runter.
Die Weinbergschnecke 'Klaus' hatte es auf das Gelände neben meinem Briefkasten abgesehen. Er (oder sie) stieg regelmäßig morgens da hoch, hockte sich daneben, und schien auf die Post zu warten. War die Post eingetroffen, hinterließ er ( oder sie) ein deutliches schwarzes Kotwürstchen auf der weißen Wand, und krabbelte dann wieder hinab.
Noch niedlicher war eine Weinbergschnecke, an deren Namen ich mich gar nicht mehr erinnere. Die wollte - scheinbar - unbedingt ins Haus! Ich wohnte dort in dem Anbau zum Elternhaus, und der hatte als Eingang eine alte Holztür. In der Mitte war ein Fenster, und das war schräg vergittert.
Nun, diese Schnecke hatte die Angewohnheit, die Holztür hochzukrabbeln, sich irgendwie (wohl sehr umständlich) zwischen die Gitterstreben zu zwingen, von außen an dem Fenster zu hängen und in meinen Flur hineinzugucken.
(Im Nachhinein vermute ich, dass ihr der alte Leinöl-Fensterkitt, den ich noch von meinem Vater in der Garage fand, und mit dem ich Schäden in der Fassung des Fensters reparierte, besonders gut schmeckte.)
Mein jüngerer Sohn sah das anders! Er behauptete, die Schnecke sei eine Inkarnation meiner alten Mutter, die inzwischen verstorben war, und die wolle ins Haus, damit ich sie herzlich pflegte und fütterte. - Somit: wir hatten was zu lachen!
Es sollte noch deutlicher kommen!
Irgendwann brauchte ich einen Handwerker im Flur, ich weiß nicht mehr für was. Sicherungskasten, vermute ich. Ich hatte so mobile ( aneinander einzuhängende) Kaninchengitter im Garten, mit denen ich die Hunde vom Straßenzaun wegsprerren konnte, damit sie nicht direkt am Zaun bellten und Menschen Angst einjagten.
Die hatte ich für den Handwerker rechteckig um die Haustür gestellt. Ich hatte ihm auch von der zudringlichen Schnecke erzählt. Der glaubte mir natürlich kein Wort!
Bis er mit seiner Handwerkertasche das Haus verließ, und die dicke Weinbergschnecke sah, die sich inständig bemühte, durch die für sie zu engen Streben des Karnickelgitters zu uns zu gelangen. Also, den Körper bekam sie ja noch durch - aber das Haus klemmte!
Der Handwerker sah sich ihr Bemühen eine Weile erstaunt an, tupste sie mit dem Zeigefinger runter, sie krabbelte hartnäckig wieder hoch. Und dann sagte er: "Ja, spinnt denn die Schnecke?"
Will sagen: Mit Weinbergschnecken kann man - bei Beobachtung - jede Menge Spaß haben.
Na, kleinlich darf man dabei nicht sein.
Für mich wurden es bald aber viel zu viele. Man möchte nicht, dass die weiße Hauswand ständig vollgeschissen wird.
Gottseidank gab es ein großes Habitat dieser Schnecken in einem Wäldchen, was etwas nordöstlich von meinem Zuhause lag. Dort habe ich, nach ungefähr vier Jahren, meinen "Schneckenüberschuss" alle zwei Monate hingebracht.
Mia
Mein Elternhaus in Dortmund:
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