
mit dem "leichten Gespräch" meinte ich schon das von sich selber erzählen. Reiner small talk würde niemanden zufriedenstellen, weder den Schreiber noch den Leser. Allerdings: manche Menschen sind auch dann innerlich voll dabei, selbst wenn es Small Talk ist. Manchmal wundere ich mich, wie viele das sind. Wegen Mutter schreibe ich seit einiger Zeit wieder in einem Forum für pflegende Angehörige. Da staune ich mich immer wieder, wieviel Zeit die Leute übrig haben für Witzthreads oder Threads wie: "Was koche ich morgen?" Und trotz der Schwere, die jeder mit sich herumschleppt, sind sie ganz engagiert darin. Auch durchaus innerlich echt!
Ich glaube, das ist wichtig für ein Verständnis: das ECHT sein. Manche Leute sind ECHT, obwohl sie in anderen Augen nichts als Small Talk von sich geben können. Und ihnen geht es richtig gut dabei! ----- So sind Menschen halt komplett unterschiedlich!
Damit bin ich bei Oliver. Ich achte unwahrscheinlich, wie er mit meiner Mutter klarkommt. Ich genieße es zum Teil sehr, mich mit ihm zu unterhalten. Aber er ist krankheitsbedingt immer noch angeschlagen, innerlich sehr unsicher, und scheint nur mit einem Fuß in der Jetztwelt zu stehen. Er geht unendlich sensibel auf Menschen ein, aber er kann sie - in ihren Reaktionen - nicht wirklich einschätzen. Mit besorgten blauen Augen fragt er mich: "Du, wie muss ich das einordnen, mit meinem letzten Nachhilfeschüler? Die Stunde war gut gelaufen, ich verabschiedete mich von der Mutter, der Junge begann am Computer ein Spiel. Ich guckte einen Moment zu, bevor ich mich von ihm verabschieden wollte. Und da habe ich wohl den Fehler gemacht zu fragen: "Spielst du gegen den Computer?" War ja auch eine blöde Frage von mir. Wogegen sollte er denn sonst spielen? Und da sagte er: "Nö. Ich spiele gegen den Fernseher."- Seitdem habe ich von der Mutter nichts mehr gehört. Was habe ich da falsch gemacht ?"
"GAR NICHTS, Oliver! Der Junge hat dich frech/dumm verarscht!"
Oder: Nach meinem Gefühl nützt meine Mutter Oliver voll aus - und er lässt sich ausnutzen. Deshalb funktioniert das teilweise so gut. Wenn ER da ist, kann sie nicht mehr alleine laufen, kann nicht mehr alleine auf's Klo, und so weiter.
Ich muss ihn dann verbal zurückrudern, indem ich ihm deutlich mache, dass SIE die Fähigkeit alleine zu laufen dringend BRAUCHT! Wenn sie die durch überstarkes Kümmern verliert, muss sie in ein Heim! Seine beste Hilfe sollte sein, ihr gut zuzureden, möglichst viel alleine zu bewältigen! Er aber liebt sie sehr und glaubt ihr jedes Wehwehchen. Möchte schon hier einziehen, um sie Tag und Nacht zu betreuen.
Also, irgendwas hat der zur Zeit noch innerlich verloren, irgendwo ist ein spürbares, ungefülltes Loch. Da fehlt innere, wissende Reife, es fehlt eine realistische Einschätzung der Wirklichkeit.
Und ebenso ungenau verhält es sich auch mit seinen handwerklichen Arbeiten, inkl. Garten.
Er ist wie ein Mensch, der am Kern der gerade gestellten Aufgabe immer ETWAS vorbeischrammt.
Ich mag ihn aber gerne und ich freue mich, seiner Genesung zuzugucken. Er besucht ja jetzt selber eine Therapie, die für ihn ebenso wichtig wie aufwühlend ist. Ich hoffe für ihn, dass er aufholt und das Fehlende wieder hinbekommt!
Hast schon recht mit meiner "Tötungsaktion".

Lieben Gruß,
Mia