Tag um Tag

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Re: Tag um Tag

Beitrag von Mia » Di Jan 04, 2022 18:54

Ist keine Möglichkeit, Tscharlie.
Irgendwelche Kinderärzte und Neurologen haben vermutlich der Familie geraten, dem Kind mit zweieinhalb Jahren eine Hand-Prothese anzulegen. Ich bin da mit meiner Meinung ein Außenseiter. Die Familie wird - nach den ärztlichen Aussagen - auch für das Jugendamt alles richtig machen.

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Re: Tag um Tag

Beitrag von Tscharlie » Di Jan 04, 2022 19:00

Ich würde trotzdem das Jugendamt informieren. Denn das schadet ja nichts.
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Re: Tag um Tag

Beitrag von Cassi » Di Jan 04, 2022 21:02

Guten Abend zusammen!

Dein Post Carolyn ist gestern bei mir untergegangen, deshalb dazu noch kurz:
Carolyn hat geschrieben:
Mo Jan 03, 2022 20:00
Wir Geimpften haben uns getroffen, ich wollte nicht darauf verzichten, weil diese Treffen außerhalb Familie (Geschwister) und Job nahezu meine einzigen Sozialkontakte sind, insofern habe ich mich auch des "Egoismus" schuldig gemacht. O:) :wink:
Ein bisschen Egoismus ist ja auch normal und gesund. Ich habe auch nicht sämtliche sozialen Kontakte abgebrochen. Aber es kommt dann halt auch auf den Umgang an. Und das vorherige Testen ist zum Beispiel doch eine sehr gute Möglichkeit. Machen wir mittlerweile sogar im Familienkreis, wenn wir da zusammenkommen. Am Sonntag waren wir zu sechst, alle vorher getestet.

Ansonsten kann ich alles, was du schreibst gut nachvollziehen und sehe es genauso. Insbesondere auch das hier
Carolyn hat geschrieben:
Mo Jan 03, 2022 20:00
Es gibt momentan vieles, was mich belastet, das ich hier aber nicht schreiben kann (und will). Da hier bzgl. Corona aber soweit ich gelesen habe, alle ziemlich ähnlicher Meinung sind, habe ich mir zumindest diesbezüglich mal Luft gemacht.
Das kann ich genau so unterschreiben!
Hinsichtlich Corona habe ich mittlerweile auch einfach keine Lust mehr, mit Leuten, die das Ganze verharmlosen oder einfach nur halb informierte "Wahrheiten" zusammenwürfeln, zu diskutieren.
Insofern tut es gut, einfach mal seinen Kram rauszulassen :wink:
Carolyn hat geschrieben:
Mo Jan 03, 2022 20:00
Manchmal ist es schwer, das zu ertragen, was man nicht ändern kann (irgendwo habe ich dieses Gebet mal gepostet, auf das ich mich da grad beziehe...).
"Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden."?

Begleitet mich - ohne den Gottesbezug - schon mindestens 20 Jahre. Aber ja, gerade in den letzten zwei Corona-Jahren bin auch ich da häufig an meine Grenzen gestoßen.

***
Tscharlie hat geschrieben:
Di Jan 04, 2022 08:16
Das Eierköpfen kann ich nicht, da denke ich immer an Frankreich um 1800 herum. Daher klopfe ich lieber leise an, das kommt mir höflicher vor.
Du hast wirklich sehr spannende Assoziationen! An sowas hätte ich nie gedacht. Bin aber auch mit Eierköpfen groß geworden. Mein Vater hat die immer geköpft. Dass man die auch anders essen kann, habe ich erst viel später kennengelernt - das war so eine dieser Erfahrungen als junge Erwachsene, wo man dachte "Ach...SO geht das auch!?, Musste ich jetzt ernsthaft so alt werden, um das zu zu lernen?" :mrgreen:

***
Mia hat geschrieben:
Di Jan 04, 2022 18:33
Cassi hat geschrieben:Ja, der Menschenschlag dort ist schon sehr speziell.
Gilt für Ostwestfalen und umliegende, ja?
Ja, definitiv.

Wobei einiges, von dem du dann berichtest, leider auch einfach "typisch Dorf" ist, ich glaube, da ist es unabhängig vom Standort. Gerade das Dorfgetratsche und schlechte Reden über alle, die etwas anders machen, als man selber (oder im Zweifel die Mehrheit) für richtig hält/halten. Das gibt es hier bei mir im Dorf auch.

Einer der großen Nachteile am Dorfleben aus meiner Sicht. Aber mittlerweile habe ich mich hier damit arrangiert. Die ersten zwei, drei Jahre waren da manchmal echt ne harte Schule. Insbesondere, da ich hier in der Region als eigenständige, studierte, emanzipierte Frau, die nicht heiraten und keine Kinder bekommen möchte, mehr verdient als der Lebenspartner, etc. einfach ein "Exot" bin. Als ich noch in Köln gelebt habe, dachte ich, ich sei halt einfach normal, so wie jede*r andere auch, eben mit meinem eigene Weg. Hier habe ich erfahren müssen, dass ich scheinbar Hardcore-Feministin bin :lol: Die Region ist aber (leider) auch noch sehr konservativ geprägt.


Das, was du erzählst, ist aber auch echt hart. Dieses falsch weitergeben und schlecht über jemanden herziehen, ohne Ahnung zu haben, ist extrem anstrengend. Und bei dem, was du erzählst, auch einfach grenzüberschreitend. Das habe ich so krass zum Glück bisher nicht erleben müssen.

Wir haben hier im Bekanntenkreis auch jemand, der das gut kann, wo wir bei jeder Story, die erzählt wird dreimal nachfragen, ob das wirklich so gewesen ist und ggf. auch noch mal andere fragen. Meistens widerspricht sich diese Person dann schon beim Erzählen... Ansonsten ein lieber, netter Mensch, aber bezüglich des Tratsches einfach anstrengend. Und das ist man dann wirklich manchmal einfach leid.

Dazu passt dann auch wieder der Spruch von oben: "die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden."
Mia hat geschrieben:
Di Jan 04, 2022 18:33
Ich werde hier wieder wegziehen. Für mich ist das Dorf in Ostwestfalenlippe nix.
Was meinst du denn, wo es dich dann hinzieht?

Ich bin ja grundsätzlich auch der Meinung, wo man sich nicht wohlfühlt muss man nicht bleiben. Bin da auch eher eine Vagabundin. Auch wenn ich hier jetzt Eigentum erworben habe, habe ich darauf geachtet, dass ich im Zweifelsfalle nicht um jeden Preis hier bleiben muss, sondern im Fall der Fälle halbwegs kostenneutral wieder verkaufen kann.


Viele Grüße
Cassi

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Re: Tag um Tag

Beitrag von Mia » Mi Jan 05, 2022 17:36

Ich habe mich im Bergischen Land, in Niedersprockhövel, sehr wohl gefühlt.

Das ist ein Städtchen an der Grenze des bergischen Landes, in einer, schönen, hügeligen Landschaft. Ist eigentlich eine Stadt, aber in mehrere auseinanderliegende Ortsteile gegliedert, von denen die meisten richtig dörflich und zwei kleinstädtisch sind. Die Menschen, die dort wohnen sind offen und denken modern, denn das Städtchen liegt nah am Ruhrgebiet.
sprock9.jpg
sprock9.jpg (312.95 KiB) 2188 mal betrachtet
Nie käme dort jemand auf die Idee, einem nachzusteigen, um zu kontrollieren, ob man zum Tierarzt auch den Hund mitgenommen hat! - Ich finde dieses Verhalten hier - im Grunde genommen - eine Unverschämtheit! Mein letzter direkter Nachbar im Ort, wegen dem ich das Haus verkauft habe, war ebenso dreist! Ich dachte, der sei ein Einzelfall, aber inzwischen stellt sich raus: viele Leute hier sind so! Nee, nee, ist nicht meins! :wink:

Leider ist Niedersprockhövel für mich zu teuer geworden. Es hat einfach eine wunderschöne Lage im Grünen, zwei Unis liegen in der Nähe, in Kürze über die gute Autobahnanbindung zu erreichen, zwei weitere Unis etwas weiter weg. So haben sich zig Professoren dort angesiedelt, Künstler aus dem Ruhrgebiet, die gerne im Grünen leben wollen, aber rasch in Bochum, Witten, Hattingen, Dortmund, Essen und Wuppertal sein wollen, wie Herbert Grönemeyer und andere.

Ich muss nicht dazu sagen, dass Niedersprockhövel eine Top-Infrastruktur hat? Mit Schwimmbad, Saunen, Ärzten ohne Ende, allen Läden des täglichen Bedarfs, verrückten Läden, Kneipen, Cafés, guten Restaurants ( die selbst an Wochentagen immer gut gefüllt sind) Banken, Schulen, Kindergärten, Reitställen, Top Anbindung durch Busse in alle Richtungen... Dazu noch was besonders feines: alte Läden, wie Fischhändler, Biometzger mit eigener Tierzucht, Schuster, Elektroladen mit täglichem Reparaturservice ---- und: man kennt sich!

Die Preise für Häuser und Mietobjekte hatten schon vor 10 Jahren Düsseldorfer Niveau erreicht. :sad:

Naja, muss ich halt ein bisschen mehr Geld verdienen, gell?
Cassi hat geschrieben:"Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden."?
Ich kenne den Text seit 20 Jahren, als mein jüngerer Sohn begann Drogen zu nehmen.
DAS habe ich nicht ändern können. Und DAS ist sehr bitter! Nicht umsonst ist er heute - auch deshalb - psychisch krank.
*****
Dir wünsche ich alles Gute und Liebe, Cassi.
Wie sieht's aus in Deinen Job? Fühlst Du Dich stark genug?

Alles Liebe
Mia

Hier übrigens 'meine' Bäuerin, von dem Hof, auf dem ich fast 20 Jahre lebte:
Küppers3.jpg
Küppers3.jpg (456.18 KiB) 2188 mal betrachtet
In Niedersprockhövel berührte sich Natur und dörfliches, mit städtischen Elementen.
Sehr schön! :grin:
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Re: Tag um Tag

Beitrag von Cassi » Mi Jan 05, 2022 18:01

Mia hat geschrieben:
Mi Jan 05, 2022 17:36
Ich habe mich im Bergischen Land, in Niedersprockhövel, sehr wohl gefühlt.
Oh, was du da zeigst und schreibst von Niedersprockhövel klingt wirklich sehr schön :amour10:
Kann ich gut verstehen, dass es dir da gut gefallen hat.
Mia hat geschrieben:
Mi Jan 05, 2022 17:36
Cassi hat geschrieben:"Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden."?
Ich kenne den Text seit 20 Jahren, als mein jüngerer Sohn begann Drogen zu nehmen.
DAS habe ich nicht ändern können. Und DAS ist sehr bitter! Nicht umsonst ist er heute - auch deshalb - psychisch krank.
Ich kenne ihn auch aus dem "Sucht-Umfeld", eine Mitschülerin brachte ihn von den Al-Anons mit und teilte ihn mir mit, weil ich eine ähnliche Hintergrundgeschichte hat wie sie, auch wenn ich nicht bei solchen Treffen war.
Ich habe die Suchterkrankung im Familienkreis auch nicht ändern können. Aber genau das zu lernen und damit umgehen zu können, darauf zielt der Spruch ja ab. Auch wenn es ein langer Weg und ein hartes Stück Arbeit ist, diese "Gelassenheit" wirklich zu erlangen.

Der Spruch lässt sich aber auch auf allen anderen Lebenssituationen prima anwenden und daher nehme ich mir ihn immer wieder zu Herzen, um diese Gelassenheit, diesen Mut zu lernen und diese Weisheit zu erlangen.
Mia hat geschrieben:
Mi Jan 05, 2022 17:36
Dir wünsche ich alles Gute und Liebe, Cassi.
Wie sieht's aus in Deinen Job? Fühlst Du Dich stark genug?

Alles Liebe
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Danke gleichfalls, liebe Mia :blume4:

Mit dem Job läuft es ganz gut. Ich fühle mich fit genug, Abends drücken die Narben etwas, aber nicht so doll. Das Gute ist, dass ich die meiste Zeit im Homeoffice bin, da kann ich mir dann auch eine pause auf der Couch gönnen, wenn ich merke, es wird zu viel.
Ansonsten ist es wie immer nach einer längeren Abwesenheit: Einiges aufzuarbeiten, die Cheffinnen haben kurzfristige Ideen, die auch noch umgesetzt werden müssen und die Tage sind etwas zu kurz. Aber so kann ich gleich mal ein paar Überstunden sammeln :mrgreen:
Und das Gute: Ich muss meinen verpassten Resturlaub vom letzten Jahr noch im Januar nehmen. Arbeite jetzt also nur noch 2 Wochen und habe dann schon wieder 1 Woche frei :mrgreen:

Liebe Grüße
Cassi

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Re: Tag um Tag

Beitrag von Toskanine » Mi Jan 05, 2022 18:12

Ich finde es ziemlich erschreckend wie kurzlebig die "Bedürfnisse" geworden sind. Im Wohnen (und Leben) finde ich sieht man das in extremo, vor allem hier im Osten, meiner Heimat, fällt mir das sehr doll auf.

Bin ja erst kurz vor der Wende geboren und habe daher vom Osten eigentlich nichts mitbekommen. In den 90ern gab's hier keine Landflucht sondern eine regelrechte Völkerwanderung. "Bloß raus aus JWD, endlich. Ab in die Städte wo das Leben lebenswert ist."
Fast alle Dörfer sind völlig verfallen, alte Häuser, darunter wunderbare Anwesen zu Ruinen verdammt. Als junge Frau war meine Option die einzige die Heimat zu verlassen um Arbeit und Geld zu bekommen. 5 Jahre war ich in Stuttgart, da war für mich klar: ab in die Heimat und zwar schnell.
Erst hier mit dem Göttergatten das Zusammenleben üben und dann gab's das Häuschen. Mittlerweile sind die Häuser hier nicht nur unbezahlbar, es gibt schlicht keine. Rund um die Städte ist alles was 20Jahre lang dem Verfall preisgegeben war saniert. Es gibt keine verfallenen Ruinen mehr, kein Fleckchen Land mehr. Dass man hier als Fachkraft 50km und mehr bis zur Arbeit fährt ist keine Seltenheit.

Nachbarschaftsgetratsche gibt's hier natürlich auch mehr als genug. Mein Tipp: taube Ohren. :wink:
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Re: Tag um Tag

Beitrag von Tscharlie » Mi Jan 05, 2022 18:26

Kann es sein dass Bayern doch das "gelobte Land" ist? Wir leben seit 1982in unterschiedlichen Dörfern in Oberbayern und sind immer nett aufgenommen worden und haben uns sehr wohl gefühlt.
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Re: Tag um Tag

Beitrag von Carolyn » Mi Jan 05, 2022 19:11

Ja, Cassi, genau den Spruch meinte ich! Und ob nun mit oder ohne Gottesbezug ist sowas von egal... Für mich ist der "Himmelsvater" (klingt seltsam auf hochdeutsch) halt mein Kumpel, mein Diskussions- und Sparringspartner, der mir vieles leichter ertragen und akzeptieren hilft. Und der manchmal "schon wissen wird, was er tut", wenn ich mit etwas hadere. Aber das ist mein Weg und meine Methode, die für jemand anders nicht die richtige sein muss. :wink:

Mia (und Cassi), ich glaube dieser Menschenschlag ist noch nicht mal typisch Dorf sondern einfach typisch Mensch. In Städten ist es dann eben ein Hinterhof- oder Treppenhausgetratsche. Letztlich einfache Gruppendynamik: "Der da ist anders als wir und deswegen ist der schlecht(er), denn WIR sind natürlich gut/besser!" Man muss nur Wege finden, um sich von derlei Gruppen fern zu halten und nicht auf sie angewiesen zu sein.
In Städten mag das leichter sein als in Dörfern, aber ich gehe den genau entgegengesetzten Weg: Ich wohne nicht IM Dorf sondern zwei Kilometer außerhalb und habe daher meine Ruhe. Mit Nachbarn "links und rechts und oben und unten und vorne und hinten" hätte man mich wohl schon in die geschlossene Abteilung einliefern können. :lol: Vor 20 Jahren habe ich das ja mal probiert, in einer kleinen, ruhigen Seitenstraße in Dachau, in einem Sechsparteienhaus, aber als Wochenendheimfahrer. Ich fühlte mich erdrückt und ständig beobachtet, ich bin schier verrückt geworden! Obwohl mir da niemand etwas "getan" hat, nicht im Geringsten, jeder tatsächliche Kontakt war neutral bis positiv. Deswegen ist die einzige für mich machbare Form zu Wohnen hier draußen, fast als Einsiedler. Und tatsächlich gibt es hier genug Platz, dass auch das "Andersartige" akzeptiert werden kann von meinen Nachbarn. Mein Nachteulentum, dass ich bis nach Mitternacht auf bin und dafür dann bis Mittags schlafe, wenn es möglich ist. Mein mehr oder weniger FKK im Haus aber auch kurzzeitig draußen, wenn grad niemand zu sehen ist (klar hat mich da der ein oder andere Nachbar auch schon "erwischt"). Meine Lebensgefährtin/lesbische Beziehung seinerzeit - und ja, hier ist alles "erzkatholisch". (Hey, mein unmittelbarer Nachbar war jahr(zehnt)elang im Pfarrgemeinderat und ist glaube ich auch Mitglied in der Marianischen Männerkongregation! Als ich Kind war wurde da noch vor und nach jeder Mahlzeit gebetet!) Klar wurde (und wird vermutlich) getrascht, meine Eltern waren schließlich sehr bekannt im Dorf und noch heute werden sogar meine Geschwister im Dorf erkannt, auch wenn sie schon seit Jahrzehnten weggezogen sind. Aber das berührt mich nicht, sollen sie halt tratschen, dann richten sie wenigstens sonst kein Unheil an und bald wird es eh langweilig und es wird eine "andere Sau durchs Dorf getrieben". Aus derlei Kreisen halte ich mich eben raus, kann ich mich zum Glück raus halten. Und die Nachbarn und Bekannten, mit denen ich (sporadischen) Kontakt habe wissen davon, kennen mich aber gut genug, dass es sie nicht stört, dass es keine Rolle spielt. Auf einer tieferen Ebene sind wir uns da oft viel näher als diese Tratschtanten. Weil wir allesamt schon genug (negative) Lebenserfahrung gemacht haben, dass wir wissen, wie unwichtig solche Äußerlichkeiten eigentlich sind. Tratschtanten haben meiner Erfahrung nach keine Tiefe, da sie nicht bereit sind, sich darauf einzulassen. Wenn man Tiefe gewinnen will muss man bereit sein, diese Tiefen zu durchschreiten! Und sich selber und seine Überzeugungen auch mal in Frage zu stellen.
Also, Mia, such Dir eine Umgebung, wo Du dem Getratsche aus dem Weg gehen kannst. Getrascht wird immer und überall, verhindern lässt sich das nicht. Du musst es nur hin bekommen, dass das nicht Teil Deines sozialen Umfeldes ist. Einsiedlertum wie bei mir wäre sicherlich nichts für Dich, da Dir die Infrastruktur einer mehr oder weniger städtischen Umgebung ganz offensichtlich wichtig ist.

Was die Prothese für das Kind angeht: Ich sehe das nicht so negativ wie Du. Es gibt Dinge, die mit zwei Händen leichter fallen und es gibt Situationen, wo das Kind unter Fremden nicht auffallen wollen wird. Sich ständig erklären zu müssen ist ... belastend, auch für die Eltern. Wichtig ist, wie das Umfeld dann damit umgeht. "Nur so bist Du richtig und normal" ist natürlich verkehrt. "So hast Du eine Möglichkeit mehr, wenn Du das willst" ist die bessere Herangehensweise. So kann das Kind lernen, dass für es beides normal sein kann, wenn es das will. Die Prothese ist dann ein praktisches Hilfsmittel, bei dem das Kind frei wählen kann, ob es sie nutzt oder nicht. Und DIESE freie Wahl würde (auch) ich dem Kind nicht vorenthalten wollen! Die Kinder in Kita und Schule werden es so und so hänseln oder eben nicht, irgendein Anlass findet sich immer zum Mobben, wenn jemand danach sucht. Nur weil die Eltern dem Kind eine Prothese anpassen lassen, solltest Du nicht davon ausgehen, dass das Kind für die Eltern nur mit Prothese ein "ganzer Mensch" ist (auch wenn das die Dame, mit der Du darüber in Streit geraten bist, offenbar so sieht). :wink: Sonst verfällst Du letztlich dem gleichen Fehler wie die Tratschtanten: Du urteilst ohne Wissen und aus einem einseitigen Blickwinkel. Tatsächlich weißt Du ja nicht, warum sich die Eltern für eine Prothese entschieden haben. Oder? Hast Du mit ihnen gesprochen?


Und das Foto von "Deiner" Bäuerin, Mia - ein anderer Hut (oder besser ein Kopftuch) und ein gepflasterter Hof statt des Grases und es könnte meine Mutter sein! :mrgreen: Diese Kittelschürzen hängen immer noch im alten Bauernschrank, meine Schweater hat ein oder zweimal im Jahr sogar eine an, wenn sie ihr "Arbeitsgewand" vergessen hat.
Mir kommen bei diesem Foto zwei Bilder vor mein inneres Auge: Zum einen meine Mutter auf der Bank vor dem Haus in der Sonne (natürlich in einer Kittelschürze *g*), auf dem Schoß eine Schüssel mit Holunder zum ... Abperlen? Abbeeren? (verflixt, mir geht schon wieder mein hochdeutsch aus! :lorl: "Abbirln" gibt es nicht unmittelbar auf hochdeutsch und mir fällt grad absolut keine knackige Umschreibung ein! Die einzelnen Holunderbeeren ohne die kurzen Stielchen von der Dolde abmachen halt, damit er als Kompott eingekocht werden kann.) Eine Katze will ganz genau wissen, was sie da tut und evtl. auch diese kleinen Kügelchen fangen und steht deswegen teils auf dem Schoß, mit einer Pfote aber auch schon in der Schüssel.
Das andere Bild ist der alte Eicher-Traktor mit Anhänger schräg auf dem Hof stehend, gefüllt mit der Kartoffelernte. Meine Eltern stehen an der geöffneten Heckklappe und sortieren die Kartoffeln. Was wird als Saatkartoffeln getrennt gelagert, was wird als Speisekartoffeln eingelagert, was ist zu klein oder kaputt und wird für die Schweine gekocht, was ist zwar groß, aber beschädigt und wird daher in den nächsten ein, zwei Tagen gegessen, weil es für die Schweine zu schade ist. Deine Bäuerin hat ihre (deutlich kleinere) Ernte vermutlich ähnlich sortiert. :grin: Ach ja, unsere Kartoffelkörbe waren aus Plastik, Metallkörbe wären zu teuer in der Anschaffung gewesen. Und meine Mutter trug keine Armbanduhr, außer manchmal, wenn sie "ausgegangen" ist.

P.S.: Ich habe meinen Beitrag vor 18 Uhr angefangen zu schreiben. Daher keine Antwort auf die drei Beiträge unmittelbar vor meinem.
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Re: Tag um Tag

Beitrag von Cassi » Mi Jan 05, 2022 19:31

Tscharlie hat geschrieben:
Mi Jan 05, 2022 18:26
Kann es sein dass Bayern doch das "gelobte Land" ist? Wir leben seit 1982in unterschiedlichen Dörfern in Oberbayern und sind immer nett aufgenommen worden und haben uns sehr wohl gefühlt.
Für den einen ja, für den anderen nein. Bayern wäre für mich eines der letzten Bundesländer, in die ich freiwillig ziehen würde... Überhaupt nicht meine Mentalität, in meinen Ohren ein gruseliger Dialekt und die regionale Küche auch nur begrenzt nach meinem Geschmack. Aber so sind wir Menschen eben unterschiedlich. Mein Vater ist nach Bayern (ok, eher Franken, aber ich unterscheide da nicht, die Bayern ja wohl schon) gezogen und fühlt sich da pudelwohl.

***
Toskanine hat geschrieben:
Mi Jan 05, 2022 18:12
Ich finde es ziemlich erschreckend wie kurzlebig die "Bedürfnisse" geworden sind. Im Wohnen (und Leben) finde ich sieht man das in extremo, vor allem hier im Osten, meiner Heimat, fällt mir das sehr doll auf. (...)
Ja, gerade der "Osten" ist da auch krass. Ich kenne das durch meinen Partner, der ebenfalls aus den "neuen Bundesländern" kommt. Die Landflucht dort ist extrem gewesen und davon haben sich die Regionen bis heute teilweise nicht erholt - vor allem im Hinblick auf Arbeitsplätze, die einfach nicht mehr existieren und was dazu führt, dass die Leute eben, wie du auch schon geschrieben hast, extrem weit pendeln.

Wobei das grundsätzlich auch in anderen Regionen Deutschlands sichtbar ist. Es gab lange Jahre, in denen die Menschen unbedingt in die Städte wollten, bloß weg vom Dorf, vom ländlichen Leben mit seinen durchaus vorhandenen Einschränkungen. Dahin, wo "das Leben tobt" wo alles nah dabei ist, wo man alles bekommt, wo alle Möglichkeiten (Ausgehen, Kultur, etc.) vor der Haustür liegen. Und wo es eben auch Jobs gab, Industrie, etc.

Kann ich persönlich sogar ein stückweit nachvollziehen, das ging mir in jüngeren Jahren ja ebenso. Ich habe die Großstadt in vollen Zügen genossen.

Was jetzt bei vielen wieder kommt ist die Besinnung auf das Ursprüngliche und natürlich die Immobilienpreise, die - überall aber gerade in den Städten - ins Unermessliche steigen. Eigenheim kann sich in der Stadt kaum noch einer leisten, selbst Mieten ist größtenteils unerschwinglich geworden. Hinzu kommt, dass sich viele auch nach etwas mehr Ruhe und Platz sehnen. Das Leben als solches mit Job, ggf. Kindern, etc. ist schon stressig genug, eine laute, volle Umgebung in einer Stadt, teils ohne eigenen Garten, etc. strengt dazu ebenfalls an. Und der "Bio-/Nachhaltigkeits-Trend" spielt da meiner Meinung nach auch mit rein: viele wollen eben auch wieder die Möglichkeit, selber zu gärtnern oder aber zumindest Sachen direkt beim Erzeuger kaufen, ohne Umwege über teure Biomärkte.

Wir sehen das hier bei uns auch sehr deutlich: Die nächsten größeren Städte sind 25 und 40 km entfernt. Und die Leute ziehen raus aufs Land und nehmen lieber das Pendeln in Kauf, um wenigstens in ihrer Freizeit von der Ruhe und dem Platz zu profitieren. Dadurch steigen auch hier die Kauf- und Mietpreise. Für mich als Vermieterin natürlich schön, auf der anderen Seite habe ich persönlich da durchaus ein soziales Gewissen und sehe auch, das viele sich dann das wohnen kaum noch leisten können. Für mich als Käuferin auch schon wieder schwierig. Ich habe noch relativ gute Preise bekommen, aber ich weiß, das andere hier im Ort ähnliche Häuser vor 15 Jahren für 50T€ weniger gekauft haben.

Insgesamt stellt sich da ja die Frage, wo das hinführt. Viele Dörfer sind auf die "Stadtflucht" infrastrukturell noch gar nicht eingestellt; es fehlt am ÖPNV, an Bankautomaten, an Arbeitsplätzen, an Einkaufsmöglichkeiten, Ärzten, etc.. Und das alles vernünftig aufzubauen dauert eben auch seine Zeit. Wenn das aber nicht geschaffen wird, erleben die Dörfer nur etwa eine Generation an "Aufschwung". Denn spätestens wenn man alt ist und alleine nicht mehr ganz zurecht kommt, muss man sich eine andere Umgebung suchen, bei der man eben z.B. nicht aufs Auto angewiesen ist. Und die dann jungen Leute ziehen wieder weg, eben weil nichts vorhanden ist. Und dann geht das Spiel von vorne los...

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Re: Tag um Tag

Beitrag von Carolyn » Mi Jan 05, 2022 19:32

Toskanine hat geschrieben:
Mi Jan 05, 2022 18:12
Dass man hier als Fachkraft 50km und mehr bis zur Arbeit fährt ist keine Seltenheit.
Das ist hier in Oberbayern auch relativ normal, der erweiterte "Speckgürtel" rund um München ist ähnlich unbezahlbar und ausgelutscht, wie bei Dir im Osten.
Ich bin vor meinem Dachauer Experiment mehr als zwei Jahre lang gependelt, einmal in den Norden und einmal in den Süden von München. Beide Male gut zwei Stunden Arbeitsweg für die einfache Strecke, mit Auto, Bahn, S-Bahn oder U-Bahn und Bus, das letzte Stück zu Fuß. Das war der ausschlaggebende Grund für meinen Umzug nach Dachau. Dass ich dann sehr schnell einen Job hier in der Heimat bekommen habe war absolutes Glück.
Meine Schwester pendelt schon ihr ganzes Arbeitsleben lang täglich nach München, mitten rein, knapp eine Stunde einfach. Sie hat sich deswegen schon vor ca. 30 Jahren eine Eigentumswohnung in einem Dörfchen mit Bahnhof an der Bahnstrecke gekauft, weil bei ihrem Job klar war, dass sie nicht wirklich eine Chance hat, jemals aus München raus zu kommen. Heute sind auch dort die Preise DEUTLICH höher.
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Re: Tag um Tag

Beitrag von Cassi » Mi Jan 05, 2022 19:48

Carolyn hat geschrieben:
Mi Jan 05, 2022 19:11
Ja, Cassi, genau den Spruch meinte ich! Und ob nun mit oder ohne Gottesbezug ist sowas von egal... Für mich ist der "Himmelsvater" (klingt seltsam auf hochdeutsch) halt mein Kumpel, mein Diskussions- und Sparringspartner, der mir vieles leichter ertragen und akzeptieren hilft. Und der manchmal "schon wissen wird, was er tut", wenn ich mit etwas hadere. Aber das ist mein Weg und meine Methode, die für jemand anders nicht die richtige sein muss. :wink:
Eben, so hat jede*r ihren*seinen Weg. Und ob mit oder ohne Gott ist dieser Spruch einfach eine tolle Richtschur, wo man im Leben hinkommen könnte. Denn wenn man das so geschafft hat, kann einen eigentlich nichts mehr richtig umhauen, denke ich. Aber bei mir persönlich ist der Weg dahin noch lang, befürchte ich :rolleyes:
Carolyn hat geschrieben:
Mi Jan 05, 2022 19:11
Mia (und Cassi), ich glaube dieser Menschenschlag ist noch nicht mal typisch Dorf sondern einfach typisch Mensch. In Städten ist es dann eben ein Hinterhof- oder Treppenhausgetratsche. Letztlich einfache Gruppendynamik: "Der da ist anders als wir und deswegen ist der schlecht(er), denn WIR sind natürlich gut/besser!" Man muss nur Wege finden, um sich von derlei Gruppen fern zu halten und nicht auf sie angewiesen zu sein.
Ja, in Städten gibt es das teilweise auch, das stimmt. Aber - zumindest nach meiner Erfahrung - nicht ganz so extrem.
Carolyn hat geschrieben:
Mi Jan 05, 2022 19:11
In Städten mag das leichter sein als in Dörfern, aber ich gehe den genau entgegengesetzten Weg: Ich wohne nicht IM Dorf sondern zwei Kilometer außerhalb und habe daher meine Ruhe. (...)
Das ist natürlich auch eine Möglichkeit :wink: Aber dazu muss man die Ruhe und das Alleinsein schon sehr mögen. Wir sind hier, wo ich gerade wohne, gar nicht so weit entfernt von so einem Zustand, da ich auch etwas außerhalb der "typischen" Dörfer in einem extra Ortsteil wohne, wo nur wenige Menschen dauerhaft/ganzjährig wohnen. Aber noch weniger Menschen in der unmittelbaren Umgebung wäre nicht so mein Fall.
Carolyn hat geschrieben:
Mi Jan 05, 2022 19:11
Aber das berührt mich nicht, sollen sie halt tratschen, dann richten sie wenigstens sonst kein Unheil an und bald wird es eh langweilig und es wird eine "andere Sau durchs Dorf getrieben".
So versuche ich es auch zu halten, ich kann aber auch verstehen, wenn es einem etwas ausmacht, gerade, wenn Unwahrheiten, wie in Mias Fall, verbreitet werden. Das würde mich dann irgendwann auch extrem stören. Es ist halt wie überall: die Mischung macht's. Mir sind sowieso diejenigen am Liebsten, die einen direkt ansprechen und nachfragen.

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Re: Tag um Tag

Beitrag von Toskanine » Mi Jan 05, 2022 19:50

Und dann kommt der Wunsch nach Homeoffice, vor gut 100Jahren war es der große Gewinn die Arbeit von der Freizeit räumlich zu trennen. Die Menschen waren froh nicht mehr zu Hause zu arbeiten sondern mal raus zu kommen, irgendwann mit verlassen der Arbeitststätte Feierabend zu haben. Ich finds irgendwie verrückt wie schnelllebig das alles ist.

In Berlin gibt es noch genug Wohnungen, nur haben die Leute Ansprüche welcher "Kiez" ihnen genehm ist. In der Platte möchte keiner mehr wohnen, das sind also die Sozialwohnungen. Zudem die Gehälter in Berlin auch fleißig gestiegen sind... vermutlich eine der wenigen Regionen in den neuen Bundesländern wo sich die Löhne nun mittlerweile ganzheitlich an das westliche Niveau angepasst haben. Was widerum ein Problem bei der Jobwahl ist. Entweder gut 1/3 weniger verdienen (beim kleinen lokalen Familienunternehmen) oder nach Berlin pendeln und dort in einem Großkonzern mehr Geld machen.
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